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Plasmagewinnung für veterinärmedizinische Zwecke
Fragen und Antworten zum Gestüt Meura
1. Seit wann besteht das Haflinger Gestüt in Meura?
Die ersten Haflinger kamen 1966 nach Meura. 1977 wurde das „Volkseigene Gut – VEG (T) Meura“ gegründet, das sich hauptsächlich der Zucht von Haflingern widmete.
Nach der Wiedervereinigung wurde das Gestüt zunächst von der Treuhand verwaltet. Eine Liquidation konnte 1993 durch die Übernahme seitens Dr. Siegfried Sendig, dem langjährigen Leiter der Zuchtstätte zu DDR-Zeiten, abgewendet werden.
Zusammen mit seiner Familie baute er das Gestüt als privatwirtschaftliches Unternehmen wieder auf und machte es zu einem der größten und bedeutendsten Haflinger Gestüte in Europa.
1998 übergab Dr. Siegfried Sendig die Geschäftsführung an seine Tochter Anke Sendig, die das Haflinger Gestüt Meura heute gemeinsam mit Helen Weber leitet.
2. Wieviele Haflinger leben im Durchschnitt auf dem Gestüt?
Es leben rund 300 Haflinger auf dem Gestüt Meura, darunter die Zuchstuten, Zuchthengste, Jährlinge und Zweijährige in beiden Geschlechtern, dreijährige Stuten und Wallache, Schulpferde und Ausbildungspferde sowie der Fohlenjahrgang eines Jahres.
3. Was geschieht mit den in Meura gezüchteten Haflingern?
Die Fohlen werden um den achten Monat nach dem Absetzen nach Geschlechtern getrennt und wachsen dann in gleichaltrigen Gruppen weiter auf. Im Sommer auf gestütseigenen und hinzu gepachteten Weiden; im Winter in großen Laufställen mit täglichem Weidegang.
Das Gestüt bietet seine Zuchtpferde in verschiedenen Altersklassen und unterschiedlichen Ausbildungsgraden den Kaufinteressenten an. Die Jahrgangsfohlen werden auf der jährlichen Fohlenschau vorgestellt, gechipt und bewertet, bekommen hier auch ihren Pass und finden nicht selten bereits einen Käufer.
Zweijährige Jungpferde werden vor allem von Pferdekennern gekauft, die die Ausbildung ihres Pferdes selbst übernehmen möchten, zugleich aber Wert darauf legen, dass dieses seine Fohlenzeit in der Herde verbracht hat.
Dreijährige Jungpferde werden auf dem Gestüt ausgebildet. Die männlichen als Freizeitpferd in den verschiedenen Disziplinen und die Jungstuten mit dem Ziel der Absolvierung der Stutenleistungsprüfung und einem anschließenden Einsatz als Zuchtstute oder Reit- oder Fahrpferd.
4. Das Haflinger Gestüt Meura gilt nicht nur als größtes Haflinger Gestüt in Europa, sondern auch als eines der erfolgreichsten. Worin besteht dieser „Erfolg“?
Durch seine 50-järige Zuchtgeschichte verfügt das Gestüt über eine hervorragende Stutenbasis. Dies und die individuell sorgsame Auswahl der zugeführten Deckhengste garantiert jene kontinuierlich hohe züchterischen Qualität, die auch von unabhängigen Experten bestätigt wird: Rund zwei Drittel aller auf der jährlichen Fohlenschau vorgestellten Fohlen des Gestüts werden mit dem Titel „Championatsfohlen“ ausgezeichnet.
Besonderen Wert legen die Züchter in Meura auf das „Interieur“ der Pferde: Gelassenheit und ein positives, offenes Gemüt sind neben einer Reihe äußerer Charakteristika entscheidende Qualitätsmerkmale der Meuraner Haflinger und Edelhaflinger.
Haflinger und Edelbluthaflinger aus der Zucht des Gestüts Meura eignen sich deshalb als Reitpferd für Kinder genauso, wie für Dressur, Springen, Fahren, als Freizeitreitpferd für Erwachsene oder sogar als Westernpferd.
Mehr als 2100 Stuten haben seit 1992 die Prüfung in der Leistungsprüfungsstation Meura erfolgreich bestanden. Haflinger und Edelbluthaflinger aus Meura finden sich regelmäßig unter den Siegern bei Turnieren unterschiedlichster Art: von der Jungpferdeprüfung bis hin zur schweren Klasse.
Neben der erwähnten, sorgsamen individuellen Auswahl und Anpassung der Elterntiere, bei der züchterische Bedürfnisse mit Wünschen von Kunden in Einklang gebracht werden, sind die Aufzucht auf den weitläufigen Wiesen des Thüringer Waldes und eine pferdegerechte Ausbildung der Tiere von großer Bedeutung für die Entfaltung der Charaktere der Pferde.
5. Trotz dieses Erfolgs kämpft das Haflinger Gestüt in Meura immer wieder ums Überleben. Was macht die wirtschaftliche Situation so schwierig?
Landwirtschaft, insbesondere die Arbeit mit Tieren, ist, wenn man, wie in Meura, höchste Maßstäbe an das Tierwohl anlegt und zugleich nachhaltig wirtschaften will, sehr personal- und kostenintensiv.
Außerdem ist auch die Zucht von Pferden von Faktoren abhängig, die man selbst nicht beeinflussen kann: Regen und Sonne entscheiden elementar über den Zustand der Weiden und die jährliche Menge und Qualität von Futter aus eigener Produktion. Davon wiederum hängt maßgeblich die Menge an Futter ab, die gegebenenfalls hinzugekauft werden muss – zu Preisen eines Marktes, der nicht nur durch lokale und regionale, sondern zunehmend durch globale Faktoren beeinflusst wird.
Bei der Zucht und Aufzucht von Pferden lässt sich – im Unterschied zu anderen Arten landwirtschaftlicher Tierhaltung – nahezu nichts automatisieren. Das Pferd braucht den täglichen Umgang mit dem Menschen. Neben Routinearbeiten wie dem Ausmisten, Füttern, Auftrieb zur Weide, Besichtigung und Beobachtung auf der Weide sowie dem Abtrieb von der Weide, muss man täglich aufs Neue flexibel und bereit dafür zu sein, sich jedem einzelnen Pferd zu widmen. Darin liegt eine der Grundlagen für den Erfolg eines Gestüts ebenso wie die dauerhaft große Herausforderung bei dessen Management.
Unvorhersehbare Einsätze, oft auch nachts, erschweren zudem eine standardisierte Arbeit. Und, nicht zuletzt, ist ein Gestüt auch ein Dienstleister: Es gilt, Kundenwünsche zu beachten, die ebenfalls einem kontinuierlichen Wandel unterliegen; entsprechend muss auch die Arbeit und der Service des Gestüts kontinuierlich neu hierauf ausgerichtet werden.
Jeder Gast auf dem Gestüt soll sich wohlfühlen und bedarf, auch aus Gründen der Sicherheit und um die Tiere nicht allzu sehr zu stören, einer persönlichen Begleitung. Hierfür muss fachkundiges Personal bereitstehen.
Auch politisch und gesetzlich haben sich die Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft und in der Pferdezucht in den letzten Jahrzehnten stark verändert. In vielerlei Hinsicht zugunsten von mehr Nachhaltigkeit. Aber mit zusätzlichen Herausforderungen auf Seite der landwirtschaftlichen Betriebe, deren Umfang und Kosten beträchtlich sind.
6. Neben der Zucht und dem Verkauf von Haflingern lebt das Gestüt auch von Gästen, die kommen, um das Gestüt zu besichtigen oder hier ihre Ferien zu verbringen. Außerdem nehmen Sie trächtigen Stuten Blut ab und verkaufen es. Was genau geschieht da?
Das ist richtig: Unter Aufsicht eines Veterinärmediziners und mit behördlicher Genehmigung wird auf dem Gestüt in Meura niederträchtigen Stuten zwischen dem 40. und 120. Tag der Trächtigkeit – sofern die Schwangerschaft stabil und die Stute uneingeschränkt gesund ist – Plasma abgenommen. Aus dem Plasma wird ein Hormon gewonnen, das, zum Beispiel, in der Schweinezucht verwendet wird und dort vor allem kleineren und mittleren Betrieben eine artgerechte Zucht und Haltung erleichtert.
Das Verfahren dieser Plasmaspende ist der Plasmaspende beim Menschen grundsätzlich sehr ähnlich. Auch bei der Entnahme des Plasmas in Meura – und das ist ein sehr wichtiges Detail – werden die roten Blutkörperchen den Stuten wieder zurückgegeben.
7. Wieviel Blut wird den trächtigen Stuten abgenommen? Und wie oft wird den Stuten in dem benannten Zeitraum ihrer Trächtigkeit Blut abgenommen?
Wie bereits beschrieben, werden für die Plasmaentnahme nur Stuten herangezogen, die rundum gesund sind, deren Trächtigkeit stabil ist und die auch von ihrem Wesen her geeignet sind. Außerdem wird ebenfalls regelmäßig untersucht, ob – wie dies bei vielen trächtigen Stuten der Fall ist – der Hormonspiegel einen Überschuss des betreffenden Hormons ausweist.
Nur wenn alle diese Faktoren vorliegen, kommt eine Entnahme überhaupt in Betracht.
Den entsprechend untersuchten, als gesund, trächigkeitsstabil und mit einem Überschuss des Hormons ausgewiesenen Stuten werden maximal an vier Tagen pro Woche jeweils zwei Liter Plasma entnommen.
Die roten Blutkörperchen werden den Stuten anschließend vollständig zurückgeführt. Außerdem erhalten die Stuten während der Entnahmephase eine Spezialfütterung.
8. Aus den Medien sind Berichte über solche Blutentnahmen von trächtigen Stuten aus Südamerika und aus Island bekannt. Dort geschehen diese Blutentnahmen oft unter Bedingungen, die von Tierschützern massiv kritisiert werden…
Die Bilder aus Südamerika und aus Island sind schockierend. Was dort geschieht ist in höchstem Maße verwerflich und widerspricht jeder ethisch annehmbaren Form einer Haltung und Nutzung von Tieren.
Praktiken dieser Art sind durch nichts zu rechtfertigen und müssen unterbunden werden. Sie schaden zuallererst den Tieren. Praktiken dieser Art und Bilder dieser Art schaden aber auch dem Ansehen jener Pferdehalter, deren Anspruch die Umsetzung höchster ethischer Ansprüche bemühen.
9. Worin unterscheidet sich die Blutentnahme von trächtigen Stuten, wie sie in Meura durchgeführt wird?
Die Plasmagewinnung, wie sie auf dem Haflinger Gestüt in Meura durchgeführt wird, kann nicht mit der Blutgewinnung verglichen werden, wie sie aus Südamerika und nun auch aus Island bekannt geworden ist.
In Südamerika und Island werden wilde und halbwilde Stuten für die Blutgewinnung eingefangen. Natürlich wehren sich diese Tiere. Pferde sind Fluchttiere. Die Stuten in Meura kennen ihre Betreuerinnen und Betreuer, sie haben Vertrauen, Respekt und eine enge Bindung zu ihnen.
In Südamerika und Island findet, den Berichten zufolge, kaum bis keine veterinärmedizinische Betreuung der Stuten statt – ein weiterer, sehr erheblicher Unterschied zur Plasmagewinnung in Meura.
Und: Anders als in Meura, werden die roten Blutkörperchen den Stuten in Südamerika und Island nicht zurückgeführt. Das führt zu einer Belastung des Pferdekörpers, die für die Stuten in Meura nicht gegeben ist.
10. Kann die Entnahme von so viel Blut, vor allem bei trächtigen Stuten, nicht doch zu gesundheitlichen Schäden beim Muttertier oder dem Fohlen-Embryo führen?
Zum einen ist wichtig, zu berücksichtigen, dass bei der Prozedur wie sie auf dem Gestüt in Meura vollzogen wird, eine Plasmagewinnung erfolgt. Durch die Rückführung der roten Blutkörperchen bleibt dem Organismus der wichtigste Teil bei der Blutversorgung erhalten.
Das heißt: Bei der in Meura angewandten Methode muss der Körper der Stute keinen substanziellen Verlust kompensieren und reproduzieren.
Das gilt auch bezüglich der Versorgung des Fohlen-Embryos: Die Stuten sind in einem sehr frühen Stadium der Trächtigkeit. Die Menge an Plasma, die entnommen wird, wird durch Spezialfutter und Flüssigkeitsaufnahme ausgeglichen – vergleichbar mit einer Blutspende beim Menschen.
Außerdem stellt die intensive veterinärmedizinische Untersuchung, die in Meura jeder Plasmagewinnung vorausgeht, sowie die genaue Beobachtung der Stuten nach jeder Entnahme sicher, dass im unwahrscheinlichen Fall von Anzeichen eines Unwohlseins auch unverzügliche Hilfe zur Stelle wäre. Gebraucht hat in Meura bislang noch keine Stute solche Hilfe nach einer Entnahme.
11. In Südamerika werden die Fohlen abgetrieben, sobald die Trächtigkeitsphase zu Ende ist, in der ein Stutenkörper das betreffende Hormon produziert…
Das ist entsetzlich und zutiefst verwerflich! Dergleichen verurteilen wir aufs Schärfste!
Auf dem Gestüt in Meura hat es in all den Jahren, seitdem wir Plasmagewinnung als wirtschaftliche Nebeneinkunft betreiben, keinen einzigen Abgang gegeben, der ursächlich auf die Plasmagewinnung zurückzuführen wäre.
Das lässt sich durch einen Blick in das betriebliche Stutenbuch nachweisen. Dort muss jede Trächtigkeit und ihr Verlauf bis zur Geburt des Fohlens vom verantwortlichen Veterinärmediziner eingetragen werden.
Für jede Bedeckung einer Stute muss außerdem ein Deckschein ausgefüllt werden, der später zur Meldung der Fohlen beim Zuchtverband und als Grundlage für den Fohlenpass dient, den jedes Fohlen zur jährlichen Fohlenschau erhält.
Uneingeschränkte Transparenz in Verbindung mit einer kontinuierlichen Beobachtung und Protokollierung durch Veterinärmediziner sind also garantiert.
Meura, 02.02.2022